Foto von Alex Alvarez auf unsplash.com

So ein Glück!

Glück ist eine Empfindung, von der die Menschen nicht genug bekommen können. Doch Glück ist flüchtig, nicht vollkommen und jeder/jede hat eine andere Vorstellung davon. Für die einen kann ein Kuss das größte Glück sein, für die anderen ist es die beste Freundin. Es kann sich aus vielen kleinen perfekten Momenten oder Erinnerungen zusammensetzen oder an einem Sommertag im Freibad gefunden werden. Und alle Bücherliebenden wissen, dass auch Lesen glücklich machen kann. Gerade in anhaltend krisenhaften Zeiten können daher gar nicht genug Geschichten vom Glück erzählt und gelesen werden.

Deshalb hat die STUBE in Wien sich gemeinsam mit den Kooperationspartner/-innen  Borromäusverein e.V. und Österreichisches Bibliothekswerk auf die Suche nach den Spielarten des Glücks in der Kinder- und Jugendliteratur gemacht und 50 „Glücksbücher“ in einer liebevoll illustrierten und ausführlich annotierten Broschüre unter dem Titel "flügelfalten"zusammengestellt. Eine Kostprobe gefällig? Der Borromäusverein e.V. hat für Sie 13 Titel aus der Liste ausgewählt. Einige Titel aus Belletristik und dem Sachbuch gibt es als Bonus dazu.

Die Broschüre kann über den Borromäusverein e.V bestellt werden (für KÖBs kostenlos, solange der Vorrat reicht). Bitte schreiben Sie uns über diesen Link.

Auch die nächste „Spurensuche“ (16. – 18. Februar 2024) macht sich unter dem Motto „glücklich leben“ auf die Suche nach der LebensKunst in der Kinder- und Jugendliteratur. Das Programm und einen Link zur Anmeldung finden Sie hier.

Wer sich intensiver mit Kinder- und Jugendliteratur auseinandersetzen möchte, hat im Rahmen des Fernkurses Kinder- und Jugendliteratur der STUBE in Wien die Möglichkeit dazu. Der Anmeldeschluss für den 9. Jahrgang ist der 18. September 2023! Alle Informationen, Anmeldung und Skriptenproben auf www.stube.at/fernkurs.

Im Rahmen des Fernkurses bietet der Borromäusverein e.V. als Kooperationspartner eine Fachtagung in Deutschland an. Vom 30.08. – 01.09.2024 geht im KSI in Siegburg der Vorhang auf für „Buch und Bühne“ – Die (Kinder- und Jugend-) Literatur und die Spielarten des Theaters. Zu Gast werden u.a. die Illustratorinnen Sabine Wilharm und Katharina Greve sowie der Autor Nils Mohl sein. Ein ausführliches Programm folgt in Kürze.

 

Links und Infos

Tagung Spurensuche

Fernkurs Kinder- und Jugendliteratur

Webseite der STUBE

Glücks-Empfehlungen bei den libell-e-Verbünden

Nord // Süd // Drei

Medienempfehlungen

Glück für Kinder und Jugendliche

13 ausgewählte Titel aus der "flügelfalten"-Broschüre:

Elisabeth Steinkellner / Michael Roher

Guten Morgen, schöner Tag!

„Glück ist was für Augenblicke“ – lautet der Titel der Autobiografie von Christine Nöstlinger. Es scheint also nur folgerichtig, dass Michael Roher, Träger des 2021 erstmals vergebenen Christine-Nöstlinger-Preises, in seinen Bildern für dieses Buchstart-Pappbilderbuch vom kindlichen Glück in ganz alltäglichen Augenblicken erzählt ...

eingebettet in den Tagesablauf eines bewusst geschlechtsneutral gehaltenen Kindes, das voller Neugier und Energie in diesen Tag startet. Was es beschäftigt, was alles passiert – davon erzählt die Autorin Elisabeth Steinkellner in charmant-einfachen Vierzeilern.

Philosophisches Sinnieren über das Wesen der Dinge wird unterbrochen von Notwendigkeiten – wie etwa dem Bus nachzulaufen, in dem es wiederum nicht nur einiges zu sehen, sondern auch zu zählen gibt. Aspekte aus dem Alltag werden so zu kleinen Szenen gebündelt, die die Lesenden auffordern, genau zu schauen, zu suchen und zu finden ...  

Die farbkräftigen Bilder bilden die Diversität unserer Gesellschaft ebenso ab wie zahlreiche (populär-)kulturelle Verweise, die zugleich eine Mehrfachadressierung eröffnen. So kann das Buch vom Babyalter bis zur Vorschulzeit ganz unterschiedlich eingesetzt werden – glückliche Augenblicke sind dabei jedenfalls garantiert.

Elisabeth Steinkellner / Michael Roher
Guten Morgen, schöner Tag!
Innsbruck/Wien: Tyrolia 2022, 22 S., € 12,95
ISBN 978-3-7022-4016-5

Für die Kleinsten

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Duane Armitage / Maureen McQuerry / Robin Rosenthal

Glück mit Aristoteles

Die Suche nach dem Glück kann und muss jede*r selbst gestalten. Ein wenig Hilfestellung von den großen Denker*innen der Weltgeschichte kann dabei aber nicht schaden. Hier ist es der griechische Philosoph Aristoteles, dessen Überlegungen zu einem geglückten Leben im handlichen Pappformat für die jüngsten Leser*innen aufbereitet werden.

Durchgängig gegendert wird zunächst geklärt, was Philosoph*innen eigentlich tun, und nach einer kurzen Vorstellung von Aristoteles wird schon auf der zweiten Doppelseite der inhaltliche und illustratorische Bogen ins Hier und Jetzt aufgespannt: Während sich Aristoteles – begleitet von einem kleinen Echsenwesen – seine Gedanken macht, spiegelt die Unterschiedlichkeit der Kinder Diversität und Vielfalt wider. Denn das Glück kann – zumindest hier – im gemeinsamen Spiel mit Freund*innen gefunden werden.

Der Band der US-amerikanischen Bestseller-Reihe richtet sich auch immer wieder mit Fragen wie Was macht dich glücklich? direkt an die Betrachter*innen, wobei visuelle Impulse für mögliche Antworten dezent in Gedankenblasen gesetzt werden. In stimmiger Balance zwischen methodischem Ansatz und poppiger Aufmachung werden eine Vielzahl an Gedankenanstößen und Gesprächsanlässen angeboten. Und wer das Glück gefunden hat, kann in weiteren Bänden mit Simone de Beauvoir für die Gleichheit kämpfen oder mit Plato der Liebe nachspüren.

Duane Armitage / Maureen
McQuerry / Robin Rosenthal
Glück mit Aristoteles
Aus dem Amerikan. v. Ferdinand Auhser.
Tulln/Donau: Vermes 2023, 22 S., € 9,50
ISBN 978-3-903300-62-0

Ab 3 Jahren

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Beatrice Alemagna

Der kleine große Augenblick

Was mit diesem titelgebenden kleinen großen Augenblick gemeint ist, bleibt zunächst unklar: Doch Seite für Seite erfahren die Leser*innen, wo sich dieses Etwas versteckt und die Menschen – die einen Querschnitt der Gesellschaft darstellen – irgendwie zu beglücken scheint:

im Sand am Meer, in einer Schneeflocke, in einem Geruch, in einer menschlichen Berührung oder in einem Blick. Es huscht vorbei, lässt sich nicht festhalten; man kann darauf warten, es verpassen oder nur streifen.

Kleine Leser*innen mögen beim Um- und Weiterblättern schon richtig vermutet haben: Es ist das Glück, das hier sanft von Person zu Person schwebt, ein angenehm-vertrautes Gefühl zurücklässt und dabei Sehnsuchtsorte ebenso miteinschließt wie zwischenmenschliche Interaktionen.

In den feinfühlig collagierten Illustrationen werden die kleinen Momente, in denen man diesem Gefühl begegnen kann, bildlich eingefangen: Sie werden in Close-Ups der Figuren sichtbar oder verstecken sich in weiten Panorama-Ansichten, sodass sich die Vielgestaltigkeit dieses Gefühls auch in den Bildern spiegelt. Dass Glück dabei nicht immer etwas mit sprühender Freude zu tun hat, sondern auch in einer wehmütigen Erinnerung stecken oder Teil kindlicher Neugier sein kann, vermittelt dieses Buch in sanften (Farb-)Tönen: Momentaufnahmen eines flüchtigen Gefühls, die man betrachtend verlängern kann.

Beatrice Alemagna
Der kleine große Augenblick
Aus dem Französ. v. Anna Taube.
Affoltern am Albis: Bohem 2022, 31 S., € 18,50
ISBN 978-3-95939-206-8

Ab 4 Jahren

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Rose Lagercrantz

So glücklich wie noch nie?

Sieben gilt als Zahl des Glücks. Sieben Stationen erzählen von den Erlebnissen von Dunne, dem Mädchen mit dem Talent zum Glücklichsein. Am Beginn steht Dunnes Schuleintritt, in dem zugleich der Grundstein für die außergewöhnliche Freundschaft zu Ella-Frieda gelegt wird. Das vorerst ungetrübte Miteinander der beiden wird Teil eines Lebens, das nicht nur harmonisch verläuft:

Immer wieder wird Dunne mit Verlusterlebnissen und tiefer Traurigkeit konfrontiert – auch, als Ella-Frieda wegzieht und die Sehnsucht nach ihr tief in Dunnes Herz fällt.

Selten ist in der Kinderliteratur so unprätentiös erzählt worden, wie das ungebrochene Vertrauen in sich selbst und andere, die Dinge wieder ins Lot bringen kann. Zufriedenheit färbt ab: Auf Dunnes Vater, auf Ella-Frieda, auf Knubbel, der sich – mit einer Rose in der Hand – in Dunnes Leben schleicht. Ob Glücksmomente, Glücksbringer oder längere Wege zum Glück – alles bekommt seinen Raum und wird sensibel und gewitzt in Dunnes kindliche Lebenswelt integriert.

Der Text orientiert sich an den Lesefertigkeiten von Erstleser*innen und wird mit liebenswerten Schwarz-Weiß-Zeichnungen verschränkt. Beginnend mit dem ersten Zählen von glücklichen Momenten wird über die sieben Bände hinweg ein immer engeres Beziehungsgeflecht rund um Dunne geknüpft, sodass das Glück trotz zahlreicher Rückschläge nie aus dem Blick gerät und im Finale noch einmal richtig zuschlagen kann.

Rose Lagercrantz
So glücklich wie noch nie?
Ill. v. Eva Eriksson. Aus dem Schwed. v. Angelika Kutsch.
Frankfurt/M.: Moritz 2020, 228 S., € 13,40
ISBN 978-3-89565-390-2

Für das frühe Lesealter

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Annejan Mieras

Hanno und der Notfall

Zunächst reagiert Hanno ziemlich wütend, als seine Mutter der eigenartigen Pien aus seiner Klasse Unterschlupf in ihrer Familie gewährt. Vor allem weil er dafür vorübergehend sein Zimmer räumen muss; auch seine Kumpels in der Schule sind sich mit ihm in der Ablehnung dieses seltsamen Mädchens mit den struppigen Zöpfen und der altmodischen Kleidung einig. Nach und nach mischt sich in Hannos subjektiv erzählte Wahrnehmung jedoch Irritation.

Seinen Audio-Aufzeichnungen werden kontrapunktisch lyrische Miniaturen von Pien zur Seite gestellt, in denen ihre Einsamkeit spürbar wird: Ihre Mutter bedarf der „Erholung“, die sich im Subtext als psychische Krankheit erkennen lässt. Und ihre Verstörtheit lässt immer wieder erahnen, wie viel Verantwortung sie im Alltag mit dieser Mutter in der Vergangenheit übernehmen musste. Vom Vater ist Pien nur ein (vermeintlich von ihm geschriebenes) Buch geblieben, das sich letztendlich als Gedichtband der polnischen Lyrikerin Wislawa Szymborska entpuppt. Eines dieser Gedichte schreibt Pien Vers für Vers fort; Lyrik und Prosa werden so sensibel miteinander verknüpft, und Hannos äußerer Wahrnehmung wird eine dahinter liegende innere Wahrheit hinzugefügt.

Diesen beiden Ebenen entsprechen auch die künstlerischen Ausdrucksformen der Kinder: Während Pien in der Nacht in ihr rotes Notizheft schreibt, baut Hanno kleine Eisentierchen aus Metallmüll, die den Abschnitten des Buches als zarte Vignetten von Linde Faas vorangestellt sind. Das Material für diese bizarren und zugleich sehr anrührenden Figuren bekommt er in der Fahrradwerkstatt von Kees, jenem Ort, an dem das zurückhaltend etablierte Grundmotiv des Kinderromans verräumlicht wird: Nach und nach finden Hanno und Pien zueinander – und gemeinsam zu der Erkenntnis, dass sich das eigene Glück gestalten lässt.

Annejan Mieras
Hanno und der Notfall
Ill. v. Linde Faas. Aus dem Niederländ. v. Andrea Kluitmann.
Hildesheim: Gerstenberg 2022, 180 S., € 14,40
ISBN 978-3-8369-6106-6

Ab 9 Jahren

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Heinz Janisch / Michael Roher

Schneelöwe

Im Wechselspiel verschiedener Blicke erzählt dieses Bilderbuch behutsam und poetisch von dem schwierigen Prozess, dem eigenen Selbst näher zu kommen, von dem Versuch, ihm einen Namen zu geben, und dem Ringen darum, das Gefühl des Ich-Seins (bild-)sprachlich zu fassen. Wer bin ich ...

und wie kann ich mich (diskursiv) in der Welt verorten? Wie kann ich mich be-schreiben und somit er-sprechen? Und wie kann es mir gelingen, in mir selbst einen Ort des Glücks zu finden?

In feinen, ausschließlich mit blauem Kugel-schreiber gezeichneten Illustrationen und sorgsam gewählten Worten erzählen die beiden österreichischen Künstler von jenen Tieren, die – als Kinder und Erwachsene verkleidet – in uns und in unserer Welt unterwegs sind. Sie spiegeln sich in den Schattenwürfen der menschlichen Figuren wider, schreiben sich in ihre Körper ein und prägen jene Spuren, die sie auf der Erde hinterlassen.

Bild und Text verfahren verdichtet und lassen eindeutigende Zuschreibungen offen bzw. ambivalent. Poetisch-metaphorische, magisch-realistische und gesellschaftspolitische Lesart können dabei neben- und miteinander bestehen. Über die Grenzen der Altersgruppen hinweg wird ein vielschichtiger Deutungshorizont eröffnet, der ein breites Identifikationspotenzial und facettenreiche Zugangsmöglichkeiten bietet.

Heinz Janisch / Michael Roher
Schneelöwe
Innsbruck/Wien: Tyrolia 2022, 24 S., € 16,00
ISBN 978-3-7022-4076-9

Ab 5 Jahren

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Marlies van der Wel

Seesucht

Bereits mit zwei Jahren zweifelt Jonas daran, dass es dem Menschen vorherbestimmt ist, nur an Land zu leben. Als er zum ersten Mal vor dem großen, weiten Meer steht, ist es Liebe auf den ersten Blick – er hat seinen ultimativen Sehnsuchtsort gefunden.

Einziger Wehrmutstropfen: Als Mensch im oder gar unter Wasser zu existieren, ist ein schwieriges Unterfangen. In mehrfachen Jahressprüngen begleiten die Leser*innen den Protagonisten – als 8-, 18-, 30- und 80-Jährigen – bei seinen Versuchen, seine Meeressehnsucht zu stillen.

Dieserart strukturiert, kreiert Marlies van der Wel vor immergleicher malerischer Kulisse unterschiedliche Vehikel, die Jonas das Unter-Wasser-Sein auf Dauer ermöglichen sollen. Seine aus Strandgut zusammengezimmerten Hilfsmittel werden immer erfinderischer, während die Fortbewegungsmittel seiner Kontrahenten – zwei Fischern, die ebenfalls am Meeresufer leben – immer pompöser und technisch avancierter geraten. In den raffinierten Konstruktionen trifft improvisierter Steampunk auf protzige Industrialisierung.

Der Text bleibt jedoch völlig reduziert; die Hauptrolle in diesem Bilderbuch, das auf einem in anachronistischer Ästhetik, mit maritimen Musikmotiven ausgestatteten stummen Animationsfilm (Link zum Film auf van der Wels Website) der niederländischen Autorin und Illustratorin basiert, übernehmen die beeindruckenden, in Blau, Grün und Schwarz getauchten Bilder.

Marlies van der Wel
Seesucht
Aus dem Niederländ. v. Birgit Erdmann:
München: mixtvision 2021, 76 S., € 20,60
ISBN 978-3-95854-164-1

Ab 5 Jahren

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Lena Raubaum / Clara Frühwirth

Knotenlöserin

Komm, Knotenlöserin, komm! In ihrer ersten Bilderbuchveröffentlichung wählen die beiden Dixi-Preisträgerinnen – mittlerweile in der
österreichischen Bilderbuchszene etabliert – mit dem Knoten ein Sinnbild für unterschiedlichste Herausforderungen des Lebens.

Erst im Erzählen werden diese bewusst gemacht und entwirren sich durch das Zuhören und Agieren der wundersamen Knotenlöserin, die von irgendwo herkommt und auch wieder irgendwohin weiterzieht – wenn es an der Zeit ist. Alle in der Stadt wissen es, / alle in der Stadt spüren es: / Jetzt ist es Zeit, / jetzt ist es so weit.

Die farbintensiven Illustrationen auf cremefarbenem Untergrund zoomen immer wieder an die Protagonistin heran und positionieren sie mit jedem Umblättern in einem immer vielfältigeren kulissenhaften Umfeld. Urbane Versatzstücke werden mit jenen Figuren collagiert, die sich der Knotenlöserin nähern – Die Knotenlöserin setzt sich gern zum Brunnen, wo sie jeder finden kann, der sie finden will – oder aber ganz unabhängig von ihr im Kleinstadtmilieu agieren. Die Knoten haben dabei verschiedenen Ursprung und variable Bedeutungen; sie können sowohl ganz konkret, als auch metaphorisch für diverse Verstrickungen im Leben stehen.

Unbestimmt bleibt dabei das Wesen der Figur selbst: Sie könnte eine märchenhafte, Glück bringende Gestalt sein, eröffnet aber auch religiöse Bezüge zu Maria, die vor allem in Lateinamerika als Knotenlöserin angerufen und verehrt wird - und in Augsburg. Diese schwebende Offenheit regt zu vielfältigen Gesprächsanlässen über die Verwicklungen und Verknotungen des eigenen Lebens an. Und natürlich darüber, wer oder was diese lockern, entwirren und im besten Fall lösen kann – mit oder ohne Hilfe der Knotenlöserin.

Lena Raubaum / Clara Frühwirth
Die Knotenlöserin
Innsbruck/Wien: Tyrolia 2018, 24 S., € 19,00
ISBN 978-3-7022-3702-8

Ab 4 Jahren

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Anna Woltz

Haifischzähne

Atlanta hat für die nächsten 21 Stunden nur eines vor: Mit dem Fahrrad alleine rund um das Ijsselmeer, den größten See der Niederlande, zu fahren. Der Grund:

Atlantas Mutter droht an ihrer Krebserkrankung zu zerbrechen, und Atlanta möchte zumindest sich selbst gegenüber den Eindruck erwecken, sie könnte es verhindern. Sie will nicht mehr auf eine neue Diagnose warten müssen; Nichtstun ist für sie keine Lösung. Also radelt sie bestens ausgerüstet – vom Erste-Hilfe-Koffer bis hin zur Nachtzahnspange – los.

Doch bereits nach 4,9 Kilometer kollidiert sie mit Finley, der gerade von Zuhause (und vor sich selbst) abhauen will, von nun an woanders wohnen wird und außer Pflaster nur zwei versteinerte Haifischzähne bei sich hat. Die Zähne – Glücksbringer seiner Mutter – werden auch für Atlanta eine bedeutende Rolle im Verlauf der Handlung einnehmen.

Kilometer um Kilometer entspinnt sich eine Freundschaft zwischen den beiden Figuren, die jeweils mit schwierigen Situationen zu kämpfen haben, in denen ein Glücksbringer zumindest Trost und Zuversicht bringen kann. Die 11-jährige willensstarke Atlanta ist wild entschlossen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das Untersuchungsergebnis ihrer Mutter zu beeinflussen.

Einmal mehr zeichnet Anna Woltz eine starke, selbstbestimmte Protagonistin und erzählt am Beispiel einer unterstützenden Freundschaft einfühlsam von ungewöhnlichen Bewältigungsstrategien, die man – Fahrrad fahrend – realisieren kann. Am Ende sind die beiden Kinder über sich hinausgewachsen und haben gelernt, dass 360 Kilometer doch etwas zu viel für 21 Stunden sind, sogar dann, wenn man die Sorgen und Ängste mit jemanden teilt und zwei Glück bringende Haifischzähne in der Tasche hat.

Anna Woltz
Haifischzähne
Ill. v. Alexandra Helm.
Aus dem Niederländ. v. Andrea Kluitmann.
Hamburg: Carlsen 2020, 89 S., € 10,30
ISBN 978-3-551-55515-1

Ab 10 Jahren

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Kate DiCamillo

Flora & Ulysses

Superman? Spiderman? Sie alle können einpacken, wenn Ulysses seinen großen Auftritt hat. Und stehen natürlich dennoch Pate für das unvergleichlich charmante Superheldenwesen im Kleintierformat. Dass hier nicht Kryptonit oder ein Spinnenbiss im kräftemehrenden Spiel waren, sondern der Original Ulysses Superkombi-Reiniger 2000 X, ...

zeigt bereits den schrägen Humor, mit dem die amerikanische Autorin das Glück bringende Wesen präsentiert: Er schützt die Schutzlosen – er hilft den Schwachen –er schreibt ein Gedicht – für Flora.

Was die 10-jährige Comic-Liebhaberin und selbsternannte Zynikerin mit ihrem neuen Freund erlebt, ist wortwörtlich fabelhaft. Und es trägt in hohem Maße dazu bei, dass Flora mit der Trennung ihrer Eltern umzugehen lernt. Auch ein seltsamer, angeblich blinder (!) Junge und eine noch seltsamere Nachbarin haben dabei ihre Finger im Spiel.

Erzählt wird sprachgewandt und mit deutlicher Verortung in der Comic-Welt, die nicht nur Flora selbst als Referenzmedium, sondern auch der Narration dient: Comic-Passagen und Sprechblasen werden mit rasanten, dialogreichen Erzähleinheiten kombiniert, in denen Soundwords und das Spiel mit Schriftbildern für eine mitreißende Dynamik sorgen. Originell und gewitzt wird dieserart ein Superheld im Miniaturformat als Glückbringer eingeführt und einer cleveren Protagonistin mit unübertroffen trockenem Humor zur Seite gestellt. Ein Lesegenuss, der auch in der filmischen Adaption für kurzweilige Action der besonderen Art sorgt.

Kate DiCamillo
Flora & Ulysses
Die fabelhaften Abenteuer.
Ill. v. K. G. Campbell. Aus dem Amerikan. v. Sabine Ludwig.
München: dtv 2014, 238 S., € 15,90
ISBN 978-3-423-76103-1

Ab 11 Jahren

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Anja Tuckermann / Mehrdad Zaeri / Uli Krappen

Der Mann, der eine Blume sein wollte

Ein namenloser Bahnschrankenwärter, eigentlich ein ganz zufriedener Mensch, der gewissenhaft seiner Arbeit nachgeht, verspürt eines Tages die Sehnsucht nach mehr – und den Wunsch, aus seinem eintönigen, geregelten Leben auszubrechen.

Dass diese ersehnte individuelle Freiheit durch den beengten Raum innerhalb konventionalisierter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen beschränkt ist, wird auch in den grautönigen Illustrationen deutlich. Zunächst vorsichtig, bald jedoch immer kraftvoller und wilder, schreiben sich strahlende Farbakzente in den monochromen Hintergrund ein.

Die Blumenträume des Mannes durchbrechen verspielt und mit beschwingtem Farbenreichtum die widerständige Dynamik der monotonen Realität, die sich zunehmend weitet und schließlich ganz in seiner utopischen Vorstellung aufgeht: Der Mann wird zur morphenden, sich stetig (ver-)wandelnden Figur, die nicht nur die Grenzen des Alltags und der Imagination, sondern auch jene geschlechtlicher Körper sprengt. Das subversive Moment, das zunächst im Karneval Ausdruck findet, wird schließlich auf die reale Welt übertragen, wenn das bewährte Dreiergespann der Künstler*innen auch das Haus des Mannes einer floralen Transformation unterzieht.

Anja Tuckermann / Mehrdad Zaeri / Uli Krappen
Der Mann, der eine Blume sein wollte
München: Tulipan 2018, 44 S., € 15,90
ISBN 978-3-86429-409-9

Ab 4 Jahren

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J. M. M. Nuanez

Birdie und ich

Das Leben wird für die 12-jährige Ich-Erzählerin Jack zur Gradwanderung, als sie nach dem Tod ihrer Mutter quer durch die USA in ein völlig neues Leben versetzt wird. Gemeinsam mit ihrem Bruder Birdie gerät sie dabei nicht nur zwischen Onkel Carl und Onkel Patrick, die ungleichen Brüder ihrer Mutter, sondern in vielfacher Hinsicht ins Abseits.

Sie hat nicht nur ihre prägenden sozialen Bindungen verloren, sondern auch ein an der eigenen Individualität ausgerichtetes Leben, das ihre Mutter stets gefördert hat, ihr spröder, in allen Belangen korrekt und akkurat agierender Onkel Patrick nun aber untergräbt, die Kinder vielmehr „zurechtbiegen“ will.

Insbesondere Birdie, der in seiner kreativen Sanftmut Glitzer und Cross-Dressing liebt, beginnt zunehmend unter dem Konservativismus des neuen Umfeldes zu leiden. Nach anfänglicher Resignation entwickeln Birdie und Jack, die in ihren „Notizbüchern der Beobachtungen“ ihre Wahrnehmungen festhält, Gegenstrategien, die zwar nicht immer greifen, zumindest aber einiges in Bewegung setzen. Mithilfe beherzter Begleiter*innen – wie Jacks selbstbestimmt-impulsiver älteren Freundin Janet, ihrer Lyricprojekt-Partnerin Krysten oder Carls großer Liebe Rosie – können verkrustete Familienstrukturen freigelegt und bis dahin verschlossene Türen sowie neue Perspektiven ge- bzw. eröffnet werden.

Trotz traumatisierender Erlebnisse bleibt der Erzählton warmherzig und jugendlich reflektiert; als genaue Beobachterin berichtet Jack unmittelbar und nuancenreich von jener Zeit, in der sich der Schock über den tragischen Unfalltod der Mutter in Trauer wandelt, die aufgearbeitet werden und am Ende in eine befriedete Rückerinnerung münden kann. Das zugrunde liegende Geheimnis beruht auf der Umdeutung eines Motives von John Donne: Von ihm stammt das Zitat Niemand ist eine Insel. Doch wer glücklich leben will, für den gilt es, Insel-Archipele zu bilden.

J. M. M. Nuanez
Birdie und ich
Aus dem Engl. v. Birgitt Kollmann.
München: dtv 2022, 283 S., € 15,50
ISBN 978-3-423-64095-4

Ab 12 Jahren

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Kathrin Wexberg (Hg.)

Immer mal wieder zum Himmel schauen

Der Titel des von Michael Roher stimmungsvoll illustrierten Bandes ist einem Gedicht von Lena Raubaum entnommen. Dieses steht im Kapitel „Alltägliches“, in dem auch poetische Texte von Elisabeth Steinkellner, Heinz Janisch und Lothar Zenetti versammelt sind. Insgesamt 97 Gedichte und Gebete hat Kathrin Wexberg ausgewählt und mit Bedacht angeordnet – einige weit über tausend Jahre alt, andere speziell für dieses Buch geschrieben.

In sechs Bereiche aufgeteilt, finden sich fröhliche, traurige, tröstliche und hoffnungsvolle Gedanken für jede Lebenssituation. Während sich die Kapitel „Grundgebete“ und „Psalmen und Gebete mit Geschichte“ explizit mit der christlichen Religion, den Glaubensinhalten und dem kirchlichen Jahreskreis befassen, lassen sich alle anderen Segenswünsche, Bitt-, Klage- und Dankesworte an jede gute Macht im Universum richten.

Auch jene Leser*innen, die sich nicht als spirituell empfinden, werden aufgrund der teils mystisch-symbolhaften, teils humorvoll-konkreten Lyrik mit diesem Buch glücklich werden. Nicht zuletzt, weil der Rat, innezuhalten, den Moment wahrzunehmen … und immer mal wieder zum Himmel zu schauen, uns allen gut tut.

Kathrin Wexberg (Hg.)
Immer mal wieder zum Himmel schauen
Gebete für Kinder.
Ill. v. Michael Roher.
Innsbruck/Wien: Tyrolia 2023, 128 S., € 22,00
ISBN 978-3-7022-4080-6

Ab 8 Jahren

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