Roman des Monats Mai

Lügen, die wir uns erzählen

Helene ist seit vielen Jahren mit Georg verheiratet. Beide sind beruflich außerordentlich erfolgreich. Die zwei Kinder Jonas und Anna werden in wenigen Jahren erwachsen sein, wohnen aber noch bei den Eltern in München. Von außen sieht alles nach Lügen, die wir uns erzählen einer perfekten Familie aus, doch Georg hat sich in eine junge Yogalehrerin verliebt und zieht zu ihr. Helene ist erschüttert und es beginnt ein Erinnern und Reflektieren mit Gedankenreisen zurück in ihre von einer gefühlskalten Mutter geprägten Kindheit, an die Liebe zu ihrem WG-Mitbewohner Alex in Studentenzeiten, an die Hochzeit mit Georg und die Fehlgeburten. Ein Wiedersehen mit Alex vor Jahren, die Beinahe-Untreue und der Wunsch, Georg zu verlassen und ihren Träumen mit Alex zu folgen, ließen sie an einen Neuanfang denken, doch genau an dem Tag, an dem sie dieses Vorhaben umsetzen wollte, erfuhr sie, mit Anna schwanger zu sein. Sie entschied sich damals für ihre Familie und jetzt will nur noch ihr Sohn Jonas bei ihr bleiben. Annas Perspektive auf das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter zeigt sich in den Kapiteln, in denen das pubertierende Mädchen selbst zu Wort kommt. Helene kauft ein altes Haus in einem Wald am Stadtrand und setzt ihre ganze Energie in die Renovierung. Diese und die Bewältigung der Vergangenheit bringen sie an ihre Grenzen, lassen jedoch letztendlich Raum für Neues entstehen. Ein wunderbarer Romanerstling von Anne Freytag, die bereits mit ihren Jugendromanen Bekanntheit auch durch Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis erlangt hat. Eine besondere Empfehlung.

Gabriele Berberich

Gabriele Berberich

rezensiert für den Borromäusverein.

Lügen, die wir uns erzählen

Lügen, die wir uns erzählen

Anne Freytag
Kampa (2024)

381 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 618492
ISBN 978-3-311-10117-8
9783311101178
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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Auszeichnung: Roman des Monats